"Ziel jedes sprachenpolitischen Engagements ist die Förderung der Mehrsprachigkeit. Dies schließt die Durchsetzung einer Sprache auf Kosten anderer Sprachen aus."
- Strobler Thesen
In ukrainischen Hochschulen wird Deutsch als die zweitverbreitetste Fremdsprache nach Englisch unterrichtet (Petrashchuk & Dyakiv, 2016). Das Interesse am Erlernen der deutschen Sprache nimmt auch derzeit, im Krieg nicht ab (Paslavska 2022: 110).
Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine stehen die Universitäten und die Hochschulen vor der Herausforderung, die Bildung unter den Kriegsbedingungen kontinuierlich fortzusetzen und sich strukturell anzupassen (z. B. durch Online-, Offline- oder Hybrid-Formate). Diese Veränderungen betreffen auch die Unterrichtsinhalte, Methoden und Spracheinstellungen im DaF-Unterricht (Dyakiv & Orobchuk 2024). Die Problematiken erstrecken sich überdies auf die Studierende, die neben dem Unterrichtsmaterial auch mit psychoemotionalen Zuständen wie Aufmerksamkeitsstörungen, fehlender Motivation und Angst umgehen müssen. Im Rahmen solcher Transformationen ändert sich auch die Rolle der DaF-Lehrenden, die die Resilienz ihrer Studierenden mitgestalten (vgl. Henderson, 2013). Im Beitrag wird anhand von leitfadengestützten Interviews mit DaF-Lehrkräften exemplarisch aufgezeigt, wie sich die berufliche Identität der Lehrkräfte während des Krieges verändert hat (vgl. Zlyvkov et al., 2022: 118), mit welchen spezifischen Rahmenbedingungen sie konfrontiert sind und wie sie ihr professionelles Handeln in diesem Kontext neu definieren. Ebenso werden die einzelnen Aspekte beleuchtet, die diese Rolle prägen.
Es werden zehn Lehrkräfte interviewt, die DaF als erste Fremdsprache an der Iwan-Franko-Universität Lwiw unterrichten und seit mindestens drei Jahren im universitären Bereich tätig sind. Dabei wird erläutert, wie das aktuelle Geschehen die Unterrichtsthemen beeinflusst, welche zusätzlichen Rollen die Lehrkräfte übernehmen müssen und wie sie mit besonderen Herausforderungen (wie Luftalarm, Stromausfällen usw.) umgehen. Der Fokus der Interviews berücksichtigt auch die Heterogenität der zu unterrichtenden Studentschaft, die unterschiedliche Kriegserfahrungen gemacht hat, darunter Binnenflüchtlinge, Studierende, die ins Ausland geflohen sind, sowie Studierende, die aus dem Ausland zurückgekehrt sind. In der Diskussion wird anschließend erörtert, welche Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Professionalisierung der Lehrkräfte erwünscht und notwendig sind.
Literatur
1. Henderson, Nan (2013). Havens of Resilience. Educational Leadership, 71(1), 22-27. Abgerufen von: https://www.ascd.org/el/articles/havens-of-resilience (Letzter Zugriff: 14.10.2023)
Paslawska, A. (2022). Ukrainische Germanistik: Aktueller Stand und Perspektiven. Jahrbuch für Internationale Germanistik, 54(1), 109-113. DOI: https://doi.org/10.3726/JIG541_109
Petrashchuk, Nataliya; Dyakiv, Khrystyna (2016). Universitäre DaF-Lehrerausbildung und wissenschaftlicher Nachwuchs in der Ukraine. In I. Feld-Knapp & K. Boocz-Barna (Hrsg.), DaFLehrerausbildung in Mittel- und Osteuropa (S. 352-358). München: Judicium Verlag GmbH München
Zielgruppe: Lehrende im Hochschulbereich
Khrystyna Dyakiv, geb. 1985, Professorin, Dr. habil., Germanistin. Schulbesuch und Studium in Lwiw; Promotion 2012 und Habilitation 2020 in kontrastiver Linguistik, Pragmatik und Medienlinguistik (Ukrainisch – Deutsch) an der Nationalen Pädagogischen Drahomanow-Universität Kyjiw; Professur an der Nationalen Iwan-Franko-Universität Lwiw. Seit 2023 Mitarbeiterin in der Abteilung „Lexik“ am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim.