[Samstag] KURZVORTRAG III: Eine erwerbstheoretische Kritik der Zuweisungsdiagnostik am Fall von MIKA-D

Inci Dirim und Matthias Schwendemann

 

Seit dem Schuljahr 2018/2019 wird an österreichischen Schulen im Primar- und Sekundarbereich für neu einzuschreibende Schülerinnen und Schüler verpflichtend der Sprachtest MIKA-D (Messinstrument zur Kompetenzanalyse – Deutsch) als Grundlage für Zuweisungsentscheidungen bezüglich der Zuweisung zu Deutschförderklassen oder Deutschförderkursen genutzt. Da von diesen Zuweisungsentscheidungen die weitere schulische Laufbahn entscheidend abhängt, muss bei einer solchen Anwendung von MIKA-D von einem high stakes-Verfahren für die Lernenden ausgegangen werden.

Einen der Kernbereiche des Testverfahrens bildet dabei der Erwerb bzw. die Entwicklung von Verbstellungsregeln des Deutschen. Die hier abgeprüften Regeln beziehen sich dabei auf die Annahme von implikationellen Erwerbsreihenfolgen im Bereich der Wortstellung, die sich überindividuell bei allen Lernenden unabhängig von etwaigen externen Faktoren einstellen. Während dies nur einen Teilbereich von MIKA-D betrifft, wird hier dennoch eine sehr spezifische Auswahl getroffen, von der angenommen wird, dass sie indikativ für einen (nicht) erreichten Sprachstand gelten kann. Eine Konzentration auf gerade diesen Aspekt lernersprachlicher Entwicklung müsste daher sehr gut begründet werden, scheint aber im Fall von MIKA-D eine Reihe von testtheoretischen Fragen aufzuwerfen (vgl. Glaboniat 2020). Dazu kommt, dass durchaus davon ausgegangen werden muss, dass die bisherige Ausdifferenzierung der syntaktischen Erwerbsstufen nicht unbedingt ausreichend ist, um lernersprachliche Entwicklung exhaustiv erfassen zu können (vgl. Schwendemann 2023).

Ähnlich unterspezifiziert scheinen zudem nach wie vor die sprachlichen Anforderungen zu sein, die Schülerinnen und Schüler in schulischen Kontexten erfüllen müssen, um tatsächlich erfolgreich am Unterricht teilnehmen zu können. Der Vortrag setzt an diesen Punkten an und umreißt potenzielle Fallstricke, die sich aus einer direkten Übertragung der syntaktischen Erwerbsstufen auf andere sprachliche Kompetenzbereiche ergeben und benennt dringende Forschungsdesiderata im Kontext der Sprachstandsdiagnostik. Literatur: Glaboniat, Manuela (2020): MIKA-D. Eine Betrachtung aus testtheoretischer Perspektive. In: ide - informationen zur deutschdidaktik (4), S. 61–73. Schwendemann, Matthias (2023): Die Entwicklung syntaktischer Strukturen. Eine Längsschnittstudie anhand schriftlicher Daten erwachsener Deutschlernender mit L1 Arabisch. Berlin: Erich Schmidt. eingereicht von Inci Dirim und Matthias Schwendemann

 

Zielgruppen: Lehrende in allen Schularten und im Hochschulbereich

 

İnci Dirim, geb. 1965, Übersetzerin, Deutschlehrerin, Germanistin, Linguistin und Erziehungswissenschaftlerin. Schulbesuch und Studium in Ankara und Bremen; Promotion 1996 am Fachbereich Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. Seit März 2010 Professorin für Deutsch als Zweitsprache an der Universität Wien.

 

Matthias Schwendemann, geb. 1987, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Herder-Institut der Universität Leipzig, Linguist / Angewandter Linguist. Schulbesuch in Freiburg. Studium in Freiburg, Leipzig und Kairo; Promotion 2023 im Fachbereich Deutsch als Fremd-und Zweitsprache (Herder-Institut) der Universität Leipzig.

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