"Ziel jedes sprachenpolitischen Engagements ist die Förderung der Mehrsprachigkeit. Dies schließt die Durchsetzung einer Sprache auf Kosten anderer Sprachen aus."
- Strobler Thesen
Der Call for Papers für die Jahrestagung 2024 stellt auch die Frage nach Forschungsdesiderata und blinden Flecken im Fach. Mit der orthographischen Kompetenz sowie einer Orthographiedidaktik für Deutschlernende mit literalen Kompetenzen – also abseits der Handlungsfelder der Alphabetisierung in der Erwachsenenbildung und des Schriftspracherwerbs im schulischen Kontext – sind Aspekte angesprochen, zu denen das Fach sich bisher vergleichsweise selten geäußert hat. Eine schnelle Abfrage im Online-Recherchekatalog einer großen Universität im deutschsprachigen Raum liefert für Grammatik und DaF beispielsweise 700 Treffer, auch für Phonetik und DaF immerhin noch 158 Treffer, für Orthographie bzw. Rechtschreibung und DaF hingegen nur 52 bzw. 61 Treffer. Von dieser Sachlage ausgehend stellt der Kurzvortrag die Frage nach der Relevanz einer Auseinandersetzung mit orthographischer Kompetenz und Orthographiedidaktik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und unterscheidet in seiner Argumentation vier Dimensionen: eine normativ-sprachenpolitische, eine kommunikative, eine sprachenlern- sowie eine entwicklungsbezogene. Zur entwicklungsbezogenen Perspektive werden dabei auch Ergebnisse einer Fehleranalyse zu einem Kernbereich der deutschen Orthographie, nämlich der Groß- und Kleinschreibung, präsentiert und diskutiert. Datenbasis für die Fehleranalyse stellte das Lerner*innenkorpus MERLIN dar, welches Lerner*innentexte auf den sechs Niveaustufen nach dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen versammelt, von denen für die Analyse in dieser Studie 785 Texte herangezogen wurden. Die einzelnen Auswertungsschritte der Studie werden nicht nur die zentrale Frage nach einer Entwicklung im Sinne einer Fehlerreduktion entlang der Niveaustufen, sondern auch sprachsystematische sowie lerner*innensprachliche Aspekte in den Blick nehmen. Ein Ausblick für weiterführende Auseinandersetzungen mit orthographischer Kompetenz und Orthographiedidaktik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache schließt den Kurzvortrag
Sandra Reitbrecht ist ausgebildete Lehrerin für Deutsch, Französisch und Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Sie promovierte im Fach Sprechwissenschaft und Phonetik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und arbeitet derzeit am Institut für Urban Diversity Education der Pädagogischen Hochschule Wien. Sie beschäftigt sich u.a. mit DaF-Aussprachedidaktk, Durchgängiger Sprachbildung, dem Modelllernen als Verfahren der Strategievermittlung sowie der Entwicklung wissenschaftspropädeutischer Textkompetenz im schulischen Kontext