"Ziel jedes sprachenpolitischen Engagements ist die Förderung der Mehrsprachigkeit. Dies schließt die Durchsetzung einer Sprache auf Kosten anderer Sprachen aus."
- Strobler Thesen
Im berufssprachlichen Unterricht ist die Forderung nach Authentizität stark präsent; es ist die Rede von authentischen Texten, authentischem Material, authentischer Kommunikation und einer authentischen Lernumgebung. Zum einen ist die Definition für Authentizität im Sprachunterricht ein weites Feld, zum anderen stellt die praktische Umsetzung verschiedener Aspekte von Authentizität im Unterricht Lehrpersonen vor große Herausforderungen.
Reduziert man den Blick (zunächst) auf den Einsatz von authentischen Texten, stellen sich Fragen wie: Sind von der Lehrkraft ausgewählte Texte überhaupt authentisch? Kann und muss nicht bereits eine Auswahl als Didaktisierung verstanden werden? Wie kann es Lehrenden gelingen, das Sprachniveau angemessen zuzuordnen? Müssen/sollten sie dies überhaupt? Wie anspruchsvoll darf, soll oder muss die Herausforderung an die Lernenden im Hinblick auf Anforderungen in der Berufswelt sein?
An Beispielen soll gezeigt werden, dass von einer beidseitigen „Zumutung“ gesprochen werden kann: Lernende müssen Textsorten erkennen, Sprachregister identifizieren, Lernstrategien einsetzen sowie nicht zuletzt selbstkritisch prüfen, ob die Herausforderung tragfähig ist und – bestenfalls – die Motivation steigert.
Und Lehrende brauchen ebenfalls Mut, sich für die Arbeit mit authentischen Texten zu entscheiden. Denn die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, sind kein unerheblicher Aufwand und nicht unbedingt abschätzbar. Für Lehrende gilt es, den Lehr-Lern-Prozess streckenweise weniger zu kontrollieren denn zu evaluieren. Dies wiederum führt zu authentischer Kommunikation: Der Austausch über die „Zumutung“ ermöglicht Unterrichtsgestaltung auf Augenhöhe und beste Voraussetzungen für Empowerment im Hinblick auf die Integration ins Berufsleben.
Stephanie Mock-Haugwitz, Dozentin, Fortbildnerin und Autorin für Deutsch und Deutsch als Zweitsprache. Konzipiert und hält Fortbildungen für Lehrpersonen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Schwerpunktthemen u. a.: Deutsch für den Beruf / Kompetenzermittlung / Rolle und Haltung von Lehrpersonen. Zusatzqualifizierungen als Interkulturelle Trainerin, Team- und Resilienzcoach. Lebt und arbeitet in Berlin.